Sehr alter Wein in runderneuerten Schläuchen

Der neue Papst hat in seinem Schreiben „Evangelii Gaudium“ wieder die nach Erneuerung hoffenden Katholiken erfreut: ein Aufbruch in neue Zeiten! Ich kann das nicht erkennen!

Ob einem der neue Oberhirte nun menschlich sympathisch ist (und nach dem letzten Papst, der wirklich in Star Wars mitspielen hätte können, und nein, nicht auf Seiten der Allianz J) oder eben nicht: hier zählt die Lehre. Und beim besten Willen kann ich hier keine Verbesserung erkennen. Weiterhin wird Frauen die Priesterweihe versagt (Begründung: sie sind keine Männer!), weiterhin mischt sich die Religion in die medizinisch-persönliche Freiheit der Entscheidung zur Abtreibung ein (mit furchtbaren Auswirkungen in vielen Staaten der Erde, auch auf Nichtkatholikinnen) und die Frage nach weiteren Mienenfeldern in den Diözesen sind noch lange nicht geräumt, z.B. Stichwort Priesterehe.

Besonders stutzig macht mich der Absatz über die „Intrigen“, in denen sich der Papst traurig zeigt über die Hexenjagd innerhalb einiger christlicher Gemeinden und sogar unter gottgeweihten Personen. Was bitte soll das heißen? Und was bitte ist mit der Hexenjagd der Kirche gegenüber anderen, siehe etwa oben genannte Beispiele? Fragen über Fragen, jedoch keine Erneuerung erkennbar für den, der nicht dringend nach einer sucht! Halt, doch, eine Neuerung gibt es sehr wohl. Allerdings ist die m.E. nach eher politischer Natur: die „Reform des Papsttum“ – na, warten wir es mal ab.
Siehe auch: http://www.kath.net/news/43865

Einigermaßen witzig ist der ominöse Fragebogen, der seit einem Monat durch die Kirchengemeinden und das Internet kursiert. Auch hier ist keine besondere Haltungsänderung erkennbar. Und wenn im 21.Jahrhundert weiterhin von einem Verein die Frage nach Familienrecht über Begriffe wie Naturrecht verhandelt wird, hört sich jede vernünftige Diskussion in einer modernen, säkularen Demokratie auf!
Siehe: http://www.bischofskonferenz.at/content/site/home/article/596.html?SWS=6ae859e5296a779ff9a989391fa3bf78

Auch der neue Papst ändert nichts an der Prämisse jeder Religionsgemeinschaft: Jeder  soll gefälligst so sein, wie sich das die Katholen, Moslems, Juden, etc. vorstellen. Zum Glück geht’s halt bei uns in West- und Mitteleuropa heute nicht mehr so einfach mit Zwang, juristisch oder einfach gesellschaftlich! Daher sehe ich keine Verbesserung. Aber zugegeben, ich bin nicht Mitglied in einem Verein, der halt oft Bestimmungen hat, die den Mitgliedern so gar nicht gefallen. Nebenbei, wenn ich mit den AGBs von etwas nicht einverstanden bin, tätige ich mit diesem Unternehmen keine Geschäfte, aber das nur so nebenbei.
Und zum Abschluss noch eine Bemerkung: Wenn sich Papst Franziskus nun verstärkt für die Armen und sozial Schwachen oder Ausgegrenzten einsetzt, so ist das ja wohl das Mindeste! Aber das stimmt schon, die röm.kath. Kirche war in den letzten Jahrhunderten oftmals wie ein 2CV-Fanclub, dessen Vereinsvorstand nur mit Nobelmarken herumfuhr und die „Ente“ nur von Hören-Sagen kannte.

Somit, nichts viel Neues im Vatikan, schon gar keine religiösen Umwälzungen. Jedenfalls nicht im Advent 2013.